Das größte Projekt und die langfristig wichtigste Aufgabe von Olileanya e.V. ist die finanzielle und organisatorische Unterstützung der Vor-Ort-Arbeit in Emene/Nigeria von Gabi Ayivi (siehe Seite Projekte).

Gabi Ayivi ist 1. Vorsitzende von Olileanya e.V. und hat Ende 2013 altersbedingt  ihre Erwerbstätigkeit in Deutschland beendet. Dabei von Ruhestand zu sprechen wäre denkbar unpassend. Sie ist im Mai 2014 nach Emene/Nigeria übersiedelt und hat dort aktuell 17 Kinder und Jugendliche bei sich aufgenommen. 

Olileanya e.V. wird für die Kinder Patenschaften in Deutschland vermitteln, aktuell und regelmäßig aus Emene berichten sowie für die Unterbringung und Ausbildung der Kinder Spenden sammeln.

DAS TOR ZUM HAUSE "NNO" = WILLKOMMEN

Das Gebäude befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Announciation Specialist Hospital in Emene, Enugu, Nigeria

Rundbrief vom 5. Dezember 2022

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, liebe Unterstützerinnen und Unterstützer von Olileanya, liebe alle, die uns schon lange begleiten oder von uns gehört haben und ganz gezielt aufrufen oder aus Versehen auf der Suche nach irgendwas über unsere Website stolpern und – glücklicherweise – darin hängen bleiben,

Ich weiß nicht, wie es Euch/Ihnen geht, aber an mir ist dieses Jahr nur so vorbei geflogen. Es fällt mir nicht leicht, aus dem Wirbeln die wichtigsten Ereignisse gezielt herauszugreifen. Jetzt sind wir schon wieder im Advent, Zeit also, innezuhalten und zu sortieren. Ein weiteres Mal möchte ich im eigenen Haushalt beginnen:

Haus Nno

Iruoma hat den Sprung an die Universität mit Bravour geschafft. Die Ergebnisse ihrer Abschlussprüfungen waren so gut, dass sie ohne weitere Auflagen einfach durchmarschieren konnte. Jetzt lebt sie auf dem Campus und wir sehen sie nur noch selten. Die Ausgangsregelungen sind sehr streng und ihre Tage sind mit Verpflichtungen vollgepackt. Ich hoffe, dass sie wenigstens über Weihnachten ein paar Tage mit ihren Brüdern zum Vater fahren kann.

Leider hat die Zuversicht über unsere seit Februar tätige neue Mitarbeiterin im Haushalt nicht lange angehalten. Sie brachte sehr viel Unruhe in den ohnehin mehr als turbulenten Alltag, weshalb ich mich zum 31.10 . ohne großes Bedauern wieder von ihr getrennt habe. Mary, 19 Jahre alt, ist das genaue Gegenteil: ruhig, gelassen, immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie fing am 01.11. mit der Arbeit an, es wäre schön, wenn dieser Zustand für einen längeren Zeitraum anhalten würde.

Okwudili hat sich in seiner Schneider-Werkstatt gut eingerichtet. Er ist dabei, sich einen Kundenstamm aufzubauen, hat gut zu tun. Es ist schön, dass er daneben immer noch Zeit findet, Reparaturen an den strapazierten Schuluniformen auszuführen und jetzt zu Weihnachten die Jungs neu einzukleiden. 

 

Bilder: Okwudili; die zwei neuesten Kleidungsstücke für Chiadi und Chibuike

Seit Anfang Oktober ist unser Haus wieder bis zum letzten Platz gefüllt: Esther, die ich bereits im letzten Rundbrief vorgestellt hatte, ist auf erklärten Wunsch ihrer Familie im Juli bei uns eingezogen. Damit ist gewährleistet, dass sie sich ausreichend ernährt und ihre Medikamente regelmäßig einnimmt.
Weiterhin hatte sich bereits seit Monaten abgezeichnet, dass die drei Kinder der im Dezember 2020 verstorbenen Frau Ugwu vom Vater sträflich vernachlässigt wurden. In der Folge stellten sich Fehlzeiten beim Schulbesuch heraus, die Leistungen bei den beiden Älteren waren miserabel. Nach längerer Prüfung und gründlichen Überlegungen haben wir den Jüngsten, den 7-jährigen Chisom (Bild rechts), und seine 15-jährige Schwester Blessing (Bild links) im Oktober hier aufgenommen.

Der 14jährige Sohn Christian blieb auf eigenen Wunsch beim Vater. Er weist bereits schwere soziale Beeinträchtigungen auf, denen mit dem hiesigen Setting nicht begegnet werden kann. Gott sei Dank wurde für die Kinder sehr schnell eine Patin gefunden. Vielen Dank hierfür nach Reutlingen.

Durch eine großzügige Spende aus Bingen konnten wir im Frühsommer endlich einen größeren Bus kaufen, in dem alle Kinder auf den Fahrten zur Schule und zurück einen Sitzplatz haben. Herzlichen Dank an den Rhein und an die Brunnengemeinde! Jetzt träume ich davon, ihn optisch aufzupeppen: aus schwarz mach bunt! Mal sehen, was daraus wird.

Aufgrund der zunehmend prekären Sicherheitslage im Land findet unser Leben seit Monaten überwiegend innerhalb des Grundstücks statt. Die Kinder werden vom Fahrer morgens in die Schule und nachmittags wieder nach Hause gebracht. Das ist im Moment noch ausreichend. Die Stimmung im Land ist aufgeheizt, nicht nur aufgrund der massiv ansteigenden Inflation, die aktuell bei 22% angelangt ist. Wohin sich die Situation vor der für Mitte Februar 2023 geplanten Wahl eines neuen Präsidenten entwickelt, bleibt abzuwarten.

Einer unserer Höhepunkte für das Jahr 2022 fand im November statt: der neue Kassier von Olileanya hat uns für 2½ Wochen besucht. Dieser Besuch war für mich eine große Ermutigung. Endlich hatte sich jemand in die Höhle des Löwen gewagt. Es würde zu weit führen, jeden einzelnen Tag seines Hierseins zu schildern, für uns war es auf jeden Fall sehr schön, ihn hier zu haben. Ich hoffe, er findet Zeit und Gelegenheit, seine Eindrücke in einen eigenen Bericht zu packen und uns diesen für den nächsten Rundbrief zu überlassen.

Bild: Christof und Martin zu Besuch

LINK zum Reisebericht von Christof Götz

Augenklinik

Leider befinden wir uns hier immer noch in der Warteschleife. Aktueller Stand der Dinge ist, dass das Gremium des deutschen Blindenhilfswerkes im Dezember eine Entscheidung über meinen im Sommer 2021 gestellten Antrag treffen wird.

Immerhin hat der Bus für die Ambulanz-Fahrten auf die Dörfer vor wenigen Tagen Ende November den Weg in einen Container und nach Antwerpen geschafft, wartet dort auf die Verschiffung nach Nigeria. Manchmal bin ich für die ganz, ganz kleinen Schritte dankbar.

Heute wurde ich daran erinnert, dass am 5. Dezember weltweit der Tag des Ehrenamtes gefeiert wird. Aus diesem Grunde bitte ich Sie/Euch ganz gezielt darum, unsere Augenklinik nicht aus dem Blick zu verlieren. Auch wenn die Fertigstellung hoffentlich finanziert wird, gibt es in unserer Region nach wie vor viele Menschen, die von vermeidbarer Erblindung bedroht sind. Einige von ihnen können nicht einmal die Fahrt aus einem weit entfernten Dorf in die Augenklinik finanzieren, ganz zu schweigen eine erforderliche Katarakt-Operation. Aus diesem Grund sind die Fahrten auf die Dörfer so wichtig. Dabei kann oft rechtzeitig erkannt werden, was dringend vonnöten ist.

Hierzu ein wichtiger Nachtrag:

Wir haben gestern den Bescheid des Deutschen Blindenhilfswerks bekommen. Nach fast genau 19 Monaten und umfassender Korrespondenz wurde unser Antrag auf Unterstützung bei der Fertigstellung des Gebäudes der neuen Augenklinik positiv entschieden. WIR BEKOMMEN DIE GELDER UND KÖNNEN WEITERMACHEN. Ich bin überglücklich und unendlich dankbar, muss mich allerdings erst mal sortieren. Gott sei Dank habe ich nach Abfahrt fast aller Kinder in ihre Dörfer ab morgen ein paar ruhige Tage vor mir, in denen ich über die weitere Planung nachdenken kann. Ein großes Dankeschön geht natürlich nach Duisburg zum Gremium der Entscheider. Endlich können wir entsprechende Anfragen aus der Bevölkerung, wann die Ambulanz denn nun fertig gestellt und in Betrieb genommen werde, positiv beantworten. 


Emene, 21.12.2022 Gabi Ayivi

Lepra-Camp

Zu meinem großen Bedauern hat der bisher tätige Physiotherapeut zum ersten November eine neue Stelle in einem anderen Bundesstaat angetreten und uns diese Information nur wenige Tage vor seinem Ausscheiden mitgeteilt. Seit einer Woche ist aber eine Physiotherapeutin für Herrn Nwatu tätig, die ich bereits kennenlernen durfte. Sie hat schon drei Behandlungseinheiten durchgeführt und ich hoffe, dass die Therapie so erfolgreich verläuft wie in der Vergangenheit.

Seit August 2022 gibt es eine neue Institution in unserem Wohnviertel, die
Annunciation Neighborhood Watch Initiative.
Sie wurde gegründet, nachdem der Zaun um den Transformator für die zugeschalteten Häuser von Dieben in der Nacht zerstört, das Öl abgelassen und gestohlen wurde und in der Folge die gesamte Nachbarschaft für mehrere Wochen ohne Elektrizität war. Jetzt sorgt eine nächtlich tätige Gruppe von Security-Männern für die Sicherheit der Straßen in unserer Umgebung. Für einen kleinen monatlichen Obulus kann man Mitglied dieser Vereinigung werden. Es wird gewährleistet, dass sich niemand nach 20.00 Uhr unberechtigt in unserem Viertel aufhält, nächtliche Diebstähle und Überfälle sollen durch diese Maßnahme minimiert werden. Ich bin so  beeindruckt von dieser Eigeninitiative, dass ich ohne Zögern unsere Mitgliedschaft erklärt habe.

Die Gruppe hat sich auch anderen Aufgaben verschrieben: Der Verbesserung der Umwelt, der Sauberhaltung der Umgebung, der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls. Die montäglichen Treffen finden unter zwei riesigen Mangobäumen statt und unterliegen dem afrikanischen Verständnis von Zeitmanagement. 

Foto rechts: Emblem Annunciation Neighborhood Watch Initiative 

Foto links: Clean up 
Foto rechts: Sitzung unter den Mangobäumen 

Ich lerne sehr viel und finde vor allem Konfliktbewältigung in Igbo-Land beeindruckend: es wird so lange diskutiert , bis eine Einigung erzielt werden konnte. Und zum Schluss freuen sich alle und vertragen sich. Vor allem aber: alle haben alle Zeit der Welt, bis dieses Ziel erreicht wird. Es geht zuweilen temperamentvoll zu, aber niemals wird jemand beleidigt oder herablassend behandelt. Demokratie an der Basis auf höchstem Niveau! Seit ich Anfang September von einem Nachbarn zu diesen Treffen eingeladen wurde, weiß ich ein weiteres Mal: ich bin auf den richtigen Kontinent umgezogen, in das richtige Land, in die richtige Region in diesem so unwägbaren Nigeria ohne jegliche staatliche Fürsorge und hier wieder in den richtigen Winkel von Enugu, in das geruhsame und überwiegend friedliche Emene. Deshalb darf ich allen Freundinnen und Freunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz, all jenen, die sich um mich sorgen, versichern: Es geht mir gut, ich fühle mich behütet, habe keine Angst, ohne aber die nötige Sorgfalt außer acht zu lassen.

Fazit: Wenn alles andere versagt, erstarken die Kräfte innerhalb der Bevölkerung, sich zu organisieren und dem Gemeinwohl zu dienen. Das ist faszinierend und sehr nachahmenswert.

In diesen äußerst schwierige Zeiten verabschiede ich mich von Euch/von Ihnen für dieses Jahr. Es war ein äußerst turbulentes Jahr mit nur wenig tröstlichen Momenten, wenn ich auf die Umtriebe in der Welt blickte. Zuversicht hat mir – s. o. – mein Leben hier gegeben. Zusammen mit einigen anderen Gruppierungen und Mitstreitern weiß ich, dass wir etwas bewegen können mit unseren begrenzten Möglichkeiten. Ich kann mit Eurer/Ihrer wertvollen Unterstützung unsere Kinder auf den Weg in eine Zukunft bringen, die ihnen hoffentlich ein eigenständiges und eigenverantwortliches Leben erlaubt. Durch einen veränderten Blickwinkel können sie erkennen, dass es eine Welt gibt, die nicht nur geprägt ist von Gewalt, Raffgier und Korruption. Wenn ich das erreichen kann, bin ich zufrieden.

Ich möchte nochmal für unseren wirklich wunderschönen Kalender für 2023 werben und dazu ermuntern, diesen entweder zu verschenken oder selbst in der Stube oder im Büro aufzuhängen. Auch diese Aktion ist Teil unseres Einkommens!

Nun bleibt mir im ausgehenden Jahr 2022 nichts anderes, als Dir/Ihnen zu danken für Hilfsbereitschaft und Freundschaft. Bitte, bleib/bleiben Sie uns gewogen.

Ich wünsche Euch/Ihnen allen eine friedliche Adventszeit, Gesundheit und einen guten Wechsel ins neue Jahr!

Emene, den 05.12.2022

Eure/Ihre Gabi Ayivi